Fragen an Stephan Wolf zur aktuellen und zukünftigen Finanzlage von Hildisrieden

(mae) Die laufende Rechnung 2015 schliesst um mehr als eine Million besser ab als budgetiert. Die letzten Jahre waren praktisch alle immer von Überraschungen – im Positiven wie im Negativen – geprägt. Warum diese Schwankungen?

Stephan Wolf, Gemeinderat Ressort Finanzen: Abweichungen vom Voranschlag der laufenden Rechnung können einerseits durch nicht plan- bzw. budgetierbare Ereignisse entstehen, andererseits haben sich in der Vergangenheit die Rahmenbedingungen geändert, ohne dass wir Einfluss nehmen konnten darauf.

Auf der Aufwandsseite sind wir als Gemeinde angehalten, vorsichtig zu budgetieren. Wir haben es in den vergangenen Jahren geschafft, die von uns beeinflussbaren Kosten stabil zu halten. Auch die gesamten Nettokosten der Aufwandskonten konnten wir seit Beginn der Legislaturperiode bis und mit Budget 2016 stabil halten. Bemerkenswert ist, dass in dieser Zeit die Bevölkerung um mehr als 10% zugenommen hat.  

Auch die Ertragsseite müssen wir grundsätzlich vorsichtig und realistisch budgetieren.  Grundstücks- und Handänderungsssteuern können wir aufgrund der mutmasslichen Bautätigkeit im Voranschlagsjahr einschätzen. Wenn dann aber zusätzlich noch mehrere grössere Liegenschaften verkauft werden, dann ist dies nicht vorhersehbar. Bei den laufenden Steuern des Jahres haben wir in den letzten vier Jahren im Vergleich zum Voranschlag immer einen relativ genauen Index zwischen 98 und 102 % erreicht.  

Wie wirkt sich die Bautätigkeit auf die Finanzlage aus?

Diese wirkt sich selbstverständlich in verschiedenen Bereichen positiv aus, sei es bei den Sondersteuern (Grundstück- und Handänderungssteuern) oder bei der damit verbundenen Wertschöpfung der Gemeindeverwaltung. Aufgrund von politisch gewollten und grundsätzlich sinnvollen Vorgaben aus der Raumplanungsgesetzgebung wird das weitere Wachstum unserer Landgemeinde über Neueinzonungen zukünftig wesentlich eingeschränkt sein. Wachstum wird in Zukunft mehrheitlich nur in verdichteten Bauweisen und durch die Siedlungsentwicklung nach Innen möglich sein.

Eine verdichtete Bauweise ist auch aus finanzpolitischer Sicht sinnvoll:  Boden ist ein knappes Gut und wir müssen als Gemeinde pro m2 eingezonte Fläche einen möglichst hohen Steuerertrag generieren. Die Auswertung dieser Kennzahl in unserer Gemeinde hat gezeigt, dass der Steuerertrag/m2 Wohnzone in attraktiven, aber verdichteten Wohngebieten bis zu dreimal höher ist als in Einfamilienhausquartieren.

Eine Studie hat kürzlich gezeigt, dass Wachstum durch Einfamilienhaus-Quartiere eine finanzielle Gefahr für Gemeinden darstellt. Wie interpretieren Sie das für unsere Gemeinde?

Die Gefahr rührt daher, dass diese Gemeinden mit dem Zuzug von Familien in Einfamilienhäuser grundsätzlich stark gewachsen sind und jetzt sprungfixe Kosten haben, weil sie massiv  in den Ausbau der Schulinfrastruktur investieren müssen. In Hildisrieden sind aus den erwähnten Gründen weitere Wachstumsschritte stark eingeschränkt. Wir müssen generell sehr vorsichtig sein mit dem Ausbau der Infrastruktur. Wir sollten sie gut unterhalten und erneuern, aber nicht in Neubauten investieren, welche dann unter Umständen in ein paar Jahren leer stehen. 

Das ist die finanzpolitische Sicht. Es gibt es da noch die Sicht der Familien.

Ja, die andere Sichtweise ist, dass Einfamilienhausquartiere vor allem für junge Familien attraktiv sind. Solche Quartiere werden wie erwähnt nicht mehr im grösseren Stil neu geschaffen. Daher ist ein gewisser Generationenwechsel in den bestehenden Quartieren wünschenswert.  Die neuen, attraktiven Wohnlagen mit Eigentumswohnungen bieten eine Chance für diesen Wandel. Eine gute Durchmischung der Bevölkerung ist wichtig für unser Dorfleben und die Zukunft unserer Gemeinde.

Und nun noch die spannendste Frage – wie beurteilen Sie unsere finanziellen Aussichten für die Zukunft? Hier dürfen wir uns an unserem Slogan „Hildisrieden – beste Aussichten“ orientieren.  Mit dem sehr guten Rechnungsabschluss 2015 ist die Ausgangslage des Finanz- und Aufgabenplanes (FAP) für die nächste Finanzplanperiode nochmals deutlich verbessert worden. Nach dem Abbau der Bilanzfehlbeträge wollen wir zuerst ein gewisses finanzielles Polster anlegen. Dies macht durchaus Sinn, damit wir beim nächsten negativen Rechnungsabschluss nicht gleich wieder in die Negativspirale der Bilanzfehlbeträge rutschen. Bereits im letztjährigen FAP konnten wir gegen Ende des Planungshorizontes eine Steuersenkung anzeigen. Aufgrund der verbesserten Ausgangslage besteht hier durchaus die Chance, diese bereits früher umzusetzen. Konkrete Ergebnisse werden uns der Voranschlag 2017 und der nächste Finanzplan aufzeigen.